Traumjob Angelguide? Das große Interview


Am Wasser mit Arnold Gufler, einem professionellen Wurflehrer und Angelguide

Arnold Gufler Fliegenfischen Guide Casting Instruktor

Ein Interview mit Arnold Gufler über seinen Beruf als Angelguide

Das ganze Jahr am Wasser und nebenbei Geld verdienen. Wer von uns hat nicht schon einmal mit dem Gedanken gespielt, sein schönstes Hobby auch zum Beruf zu machen und dafür bezahlt zu werden, mit anderen Leuten zum Angeln zu gehen? Wie die Arbeit eines Angelguides aber tatsächlich abläuft, und welche Voraussetzungen es dafür braucht, haben wir uns von Arnold Gufler erklären und zeigen lassen. Arnold ist geprüfter Wurflehrer sowie Angelguide und führt seit rund 10 Jahren die gleichnamige Fliegenfischerschule im Passeiertal in Südtirol. Dazu haben wir uns zu einem kurzen fischereilichen Abstecher an der Passer getroffen, bei dem wir ein wenig zusammen geangelt, vor allem aber über die Fliegenfischerei und die Arbeit als Guide gequatscht haben.

Arnold Gufler Andreas Riedl

Trotz des vollen Terminkalenders konnten wir einige Stunden mit Arnold fischen und über seine Arbeit sprechen.

Andreas: Hallo Arnold, guten Morgen! Fein, dass du dir für uns ein paar Stunden Zeit nimmst, um über das Fliegenfischen und das Guiding zu plaudern. Ich hoffe, wir haben heute gute Bedingungen am Wasser.

Arnold: Hallo Andi, guten Morgen! Schön, dass ihr gekommen seid. Das Wasser passt, hab’s mir schon angeschaut. Wenn das Interview nicht zu lange dauert, dann kommen wir auch noch dazu, gemeinsam ein paar Würfe zu machen.

Andreas: Danke für das Stichwort! Wir möchten natürlich alles wissen. Wie bist du zum Fliegenfischen gekommen, oder das Fliegenfischen zu dir?

Arnold: Bei mir war es so, dass ich über einige gute Freunde zum Angeln gekommen bin. Aber nicht sofort zum Fliegenfischen. So wie die meisten von uns habe auch ich ganz „klassisch“ mit dem Wurm begonnen. Das war damals auch die Standard-Technik an den Gewässern hier im Tal. Aber der Funke ist damals nicht wirklich übergesprungen. Richtig begeistert hat mich diese Art der Fischerei eigentlich nicht.

Andreas: Und zum Fliegenfischen?

Arnold: Endgültig gepackt hat mich die Leidenschaft für das Fliegenfischen bei einem Urlaub mit meiner Frau in Kanada. An einem See habe ich dort einen einheimischen Fliegenfischer getroffen, der seine Ausrüstung und sein Belly Boat hergerichtet hat. Mit ihm habe ich mich sehr lange unterhalten und ich habe ihm noch länger beim Fliegenfischen zugeschaut. Diese Ruhe und dieses harmonische Ganze haben mich sehr beeindruckt und fasziniert. Da habe ich gewusst, dass für mich nur das Fliegenfischen in Frage kommt.

Einige Zeit darauf wurde zufällig von einem lokalen Verein ein Fliegenfischer-Kurs organisiert, an dem ich dann auch teilgenommen habe. Im Vorfeld habe ich mir bei einigen Freunden und übers Internet Informationen eingeholt, um zumindest ein paar Grundkenntnisse zu haben. Da mich der Gratis-Kurs jedoch nicht überzeugt hatte, habe ich mich entschieden, weitere Kurse bei namhaften, meist zertifizierten Instruktoren zu besuchen. 

Andreas: Wann hast du das erste Mal konkret mit dem Gedanken gespielt, dein Hobby zum Beruf zu machen?

Arnold: Eigentlich schon bei dem erwähnten ersten Kurs, den der lokale Verein organisiert hatte. Die Teilnehmer waren allesamt motiviert und wollten das Fliegenfischen erlernen, aber es waren einfach zu viele Leute, um jeden einzelnen auch angemessen betreuen zu können. Dazu kam, dass es rund herum keine Info gab. Denn zum Fliegenfischen gehört meiner Meinung ein bisschen mehr, als nur werfen zu können.

Deshalb habe ich weitere Kurse im Ausland, vor allem in Österreich besucht. Auch bei großen und klingenden Namen der Szene. Ich musste feststellen, dass es auch dort gute und weniger gute Wurflehrer gibt und dass ein bekannter und renommierter Fliegenfischer nicht automatisch auch ein guter Wurflehrer ist. Das hat meiner Leidenschaft keinen Abbruch getan, im Gegenteil. Durch diese Erfahrungen wurde mir klar, dass ich selbst immer besser im Werfen und Fliegenfischen werden wollte, dieses Wissen und Können aber auch gerne so gut als möglich weitergeben möchte.

Fliegenfischer Guiding Brücke Fische beobachten

Fliegenfischer mit Leib und Seele ... kaum am Gewässer, gibt es nur noch ein Thema. Seine Erfahrung teilt Arnold gerne.

Andreas: Wie lange hat es dann noch gedauert, bis du deinen ersten Arbeitstag in deiner eigenen Fliegenfischerschule hattest?

Arnold: Ich habe die Fliegenfischerschule nicht aus dem Stand gegründet und bin ins kalte Wasser gesprungen. Ich habe Schritt für Schritt angefangen und meine ersten Kurse angeboten, damals noch in meiner Freizeit und parallel zu meiner damaligen Arbeit. Von Anfang an habe ich immer sehr transparent kommuniziert, dass ich – zumindest damals – noch kein zertifizierter Wurflehrer war. Parallel dazu habe ich mich auf die Prüfung zum Flycasting Instructor der EFFA (European Fly Fishing Association) vorbereitet. Da sind mir die Erfahrungen und die Praxis meiner ersten eigenen Kurse natürlich sehr entgegengekommen.

Andreas: Flycasting Instructor? Was können wir uns darunter vorstellen?

Arnold: Die EFFA hat für die Zertifizierung von Wurflehrern ein Programm von Minimalanforderungen zusammengestellt, die der Anwärter vor einer Prüfungsjury zeigen, aber vor allen Dingen auch erklären muss. Es ist also nicht nur genug, eine ganze Reihe von unterschiedlichen Würfen und Präsentationen sehr sauber auf alle möglichen Distanzen werfen zu können. Der angehende Flycasting Instructor muss auch erklären können, was er macht und warum er es macht. Er muss imstande sein, die Physik des Wurfes in einfachen und verständlichen Worten einem Wurf-Schüler zu vermitteln. Vor allen Dingen muss er auch Fehler im Wurfablauf erkennen, verstehen warum der Fehler passiert um diesen dann entsprechend korrigieren zu können.

Die werferischen Anforderungen sind ambitioniert, aber mit fleißigem Üben auf der Wiese und durch gute Ausbilder durchaus zu erreichen. Viel aufwändiger hingegen ist es, das Fliegenwerfen auch entsprechend gut und verständlich zu vermitteln. Aber genau das macht einen guten Wurflehrer aus. Er muss imstande sein, dem Schüler das Fliegenwerfen beizubringen.

Fliegenfischen Guiding Montage Erklärung

Optimales Setup des Vorfaches für die Trockenfliege. Am Wasser überlässt Arnold nichts dem Zufall.

Andreas: Wie lange hast du dich auf die Prüfung zum Flycasting Instructor vorbereitet?

Arnold: Bei meinem ersten Anlauf waren es drei Jahre. Dort habe ich die Prüfung allerdings nicht bestanden. Nach weiteren zwei Jahren habe ich dann die Prüfung erfolgreich abgelegt. Meine Prüfung selbst hat einige Stunden gedauert und am Ende war ich sowohl körperlich als auch geistig geschafft. Die Prüfer haben wirklich nichts ausgelassen. Aber ich konnte sie überzeugen. Und dieses Wissen kommt nun meinen Kunden zugute.

Andreas: Zwei Jahre später hast du dann bei der EFFA auch noch die Prüfung zum Guide abgelegt? Worin unterscheidet sich diese Prüfung vom Flycasting Instructor?

Arnold: Die Inhalte und Anforderungen der beiden Prüfungen sind nicht miteinander zu vergleichen. Beim Instructor steht das Fliegenwerfen, das Verstehen des Wurfes in all seinen Teilen und Bewegungen und die verständliche Vermittlung im Vordergrund. Die Anforderungen an den Guide sind hingegen sehr viel breiter. Zwar muss auch der Anwärter zum zertifizierten Guide bestimmte werferische Anforderungen meistern. Zusätzlich muss er aber auch Fliegenbinden können und die mitgebrachten Fliegenmuster auf Nachfrage vor Ort nachbinden. Die Prüfung läuft so ab, dass eine Woche im Camp verbracht wird, wo man auch draußen schläft, das Camp einrichtet, man sich selbst verpflegen muss. Zudem wird in dieser Woche ein Erste-Hilfe-Kurs abgelegt und man muss die grundlegenden Anforderungen der Wasserrettung erfüllen.

Andreas: Wasserrettung? Echt jetzt?

Arnold: Ja klar. Sicherheit geht immer vor! Stell dir vor, du bist der Kunde und buchst bei mir ein Guiding. Als gewerblicher Anbieter bin ich für alle Teilnehmer voll und alleinig verantwortlich. Daher auch die Wasserrettung.

Andreas: Gut zu wissen – aber ich hoffe, du musst mich heute nicht retten laugh Als geprüfter Casting Instructor und Guide, was macht dir mehr Spaß? Begeisterten Einsteigern das Fliegenwerfen beizubringen oder Kunden ans Wasser zu begleiten, wo sie dann (hoffentlich) einen schönen Fang machen?

Arnold: Auf alle Fälle das Fliegenwerfen. Natürlich bin ich mit meinen Kunden auch gerne am Wasser. Aber bei meinen Wurfkursen kann ich den begeisterten Einsteigern alles mitgeben, was sie später am Wasser brauchen. Wer das Werfen und den Umgang mit der Fliegenrute, also auch das Menden und andere Dinge, von Anfang an gut lernt und solide beherrscht, wird am Wasser umso schneller erfolgreich sein und mehr Freude am Fliegenfischen haben. Daher geht es mir in meinen Wurfkursen auch nicht nur um die Wurf-Technik, sondern ich versuche genauso, sinnvolle Dinge wie Knotenkunde, Gerätekunde, Grundlegendes zu Insekten und ihren künstlichen Nachbildungen sowie vieles mehr zu vermitteln. Ein guter Fliegenfischer-Kurs ist daher meines Erachtens auch nicht in weniger als zwei Tagen zu schaffen. Zudem darf die Gruppe nicht zu groß sein. Denn ich will mir für jeden Kursteilnehmer ausreichend Zeit nehmen können, um auch individuell auf ihn einzugehen. Das bringt dem Teilnehmer mehr und mir als Lehrer schlussendlich auch, wenn ich weiß, dass meine Kursteilnehmer sich am Wasser zurechtfinden werden.

Fliegenfischer Guiding Werfen Fliegenfischen Fluss

Learning by doing: Wo steht der Fisch? Wie wird die Fliege bestmöglich serviert?

Andreas: Also ein Wurflehrer mit Leib und Seele. Wenn du dann Kunden ans Wasser führst, geht es dann vor allem darum, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele und große Fische zu fangen, oder nutzt du die Zeit am Wasser auch für fischereiliche und wurftechnische Tipps und Tricks?

Arnold: Das kommt in erster Linie auf den Kunden an. Deren Erwartungshaltungen an einen schönen Tag am Wasser sind eigentlich sehr unterschiedlich. Bei manchen stellt sich schon bei der ersten Kontaktaufnahme heraus, dass sie vor allem fangen wollen. Deshalb ist ein offener und transparenter Austausch mit dem Kunden wichtig, denn so weiß der Kunde von Anfang an, was ihn erwartet … und was nicht. Das vermeidet Enttäuschungen und führt zu zufriedenen Kunden. Aber auch ich kann mich besser darauf einstellen. Hat der Kunde die notwendige Ausrüstung von der Rute bis zur Wathose? Andernfalls kann ich diese gerne stellen. Nicht selten kommt es auch vor, dass meine Kunden mit ihren eigenen Fliegen fischen möchten. Das ist bei Stammkunden oder solchen, die öfters an alpinen Gewässern fischen, auch durchaus möglich. Bei anderen hingegen, die vielleicht weniger Erfahrung an entsprechenden Gewässern haben, schlage ich vor, dass mit meinen Fliegen an meiner Montage gefischt wird. Einige nehmen das Angebot gerne und gleich an, bei anderen dauert es vielleicht 1-2 Stunden (lacht). Gefischt werden bei mir übrigens nur widerhakenlose Fliegen, unabhängig davon ob meine oder solche des Kunden. Da gibt es keine Kompromisse. Du erinnerst dich: Sicherheit geht vor!

Fliegenfischen Guiding Auswahl Fliege

Wahl der passenden Fliege. Auch das gehört zum Service eines guten Guidings dazu.

Am Anfang des gemeinsamen Tages am Wasser sind dann viele Kunden sehr ungeduldig und teilweise auch hektisch. Sie wollen sofort ans Wasser und die Zeit möglichst effizient nutzen. Überstürzen sollte man allerdings nichts, denn in den allermeisten Fällen ist dies kontra-produktiv. Wenn man von einem Standplatz zum nächsten hetzt, wird man die Fische eher verscheuchen als fangen. Daher muss ich einige Kunden erstmal einbremsen. Leider machen sich viele selbst einen (zu) großen Druck und wenn sich am Vormittag die erwarteten Fänge nicht gleich einstellen, dann wollen sie meist ohne Pause durchfischen. Wenn gewünscht, können wir die Mittagspause auch streichen. Aber ich merke, dass dann am Nachmittag die Ausdauer und Konzentration sehr oft dann deutlich nachlässt. Schade, denn gerade dann stehen die Bedingungen meist gut. Aber wenn der Kopf bereits beim Feierabend-Bier ist, wird es schwer sich voll auf das Fliegenfischen zu fokussieren.

Andreas: Aber was passiert, wenn sich trotz aller Mühen der erwünschte Erfolg nicht einstellt? Ganz ehrlich, fischt du dann für den Kunden und drückst ihm die Rute mit dem Fisch in die Hand?

Arnold: Sicherlich nicht! Ein Guide, der selbst fischt, ist ein absolutes No-Go! Wenn ein Guide ungefragt selbst neben dem Gast fischt, ist dies absolut unprofessionell. An dieser Stelle solltest du das Guiding abbrechen und dein Geld zurückverlangen. Aber selbst wenn der Kunde dies wünschen würde, würde ich es nicht machen. Ich betreue ihn, so gut es geht. Ich zeige ihm die erfolgversprechendsten Stellen, stelle ihm meine fängigsten Fliegen zur Verfügung und erkläre, wie er den Spot und den gesichteten oder vermuteten Fisch am besten anfischt. Aber werfen und fangen muss ihn der Kunde dann selbst. In aller Regel klappt das dann auch und im Endeffekt hat der Gast mit einem solchen Fang unvergleichlich mehr Freude, als wenn ich den Fisch gefangen hätte. Ich habe zwar selbst eine zweite Rute dabei, aber die wird nur vom Kunden genutzt, wenn sich die Bedingungen ändern. Beispielsweise, wenn wir einen steigenden Fisch ausmachen, kann er so ohne langen Umbau von der Nymphe auf die Trockenfliege umsteigen.

Fliegenfischen Guiding Werfen Arnold Gufler

Dass Arnold selbst angelt, kommt normalerweise beim Guiding nicht vor. Heute wollen wir uns aber explizit auch den einen oder anderen Trick beim Werfen und Präsentieren zeigen lassen.

Andreas: Wie oft stehst du in der Saison mit Kunden am Wasser?

Arnold: In den vergangenen Jahren waren es einige (lacht), ich hoffe daß es weiterhin so gut läuft. An jenen Tagen, an denen ich keine Kunden am Wasser betreue, bin ich dennoch dort, teste, probiere und schaue, was gerade läuft. Denn Gewässer und Fische sind ja nicht die ganze Saison über gleich und je besser ich den aktuellen Zustand und die Aktivität bzw. die Standplätze der Fische kenne, umso erfolgreicher kann ich meine Gäste dann auch führen.

Andreas: … und wie oft kommst du eigentlich noch selbst zum Fliegenfischen? Oder hast du in deiner Freizeit gar keine Lust mehr, die Fliegenrute zu schwingen?

Arnold: Doch doch, ich bin doch auch Fliegenfischer (lacht). Bei den gerade genannten Gelegenheiten bin ich schon oft mit Fliegenrute unterwegs, allerdings mit einem ganz speziellen Fokus. Aber es gibt natürlich auch Tage, beispielsweise mit meinen Freunden, da gehe ich sehr gerne auch einfach mal aus Spaß an der Freude zum Fliegenfischen. Denn immer, wenn es die Zeit erlaubt, bin ich nirgends lieber als am Wasser. Da geht es dann meist sehr gemütlich und vollkommen stressfrei zu. Ein angenehmer Tag steht dann im Vordergrund.

Andreas: Wie sieht dein typischer Arbeitstag als Guide aus?

Arnold: Der typische Arbeitstag als Guide beginnt – wie wahrscheinlich bei vielen anderen Menschen auch – mit einem ordentlichen Frühstück. Den ganzen Tag an der frischen Luft und dazu noch am Wasser unterwegs, das braucht Energie. Vor allem, wenn das Mittagessen immer öfters ausfällt (lacht). Dann ein schneller Blick auf die Passer. Gottseidank wohne ich gleich neben dem Gewässer und habe den Fluss auf diese Weise immer im Blick. Anschließend versichere ich mich nochmals, dass sich an den Wettervorhersagen der vergangenen Tage nichts Wesentliches geändert hat. Ich hole die Gäste bei der Unterkunft ab oder treffe mich mit ihnen am vereinbarten Startpunkt. Alle grundsätzlichen Punkte haben wir ja bereits im Vorfeld besprochen und geklärt. Auch die notwendigen Lizenzen und Tageskarten habe ich bereits im Vorfeld für meine Kunden besorgt. Mir ist es auch wichtig, dass sie formell in Ordnung sind und es zu keinen unliebsamen Überraschungen kommt. Dann wird die Ausrüstung montiert und eventuelles Leihgerät zur Verfügung gestellt. Wenn dann alles passt, steht einem erfolgreichen Tag am Wasser eigentlich nichts mehr entgegen. Wir fischen dann bis etwa 5 Uhr nachmittags. Ich bringe die Kunden anschließend in ihre Unterkunft zurück. Für mich ist der Tag damit aber noch lange nicht beendet. Verliehene Wathosen müssen gewaschen werden, Fliegendosen aufgefüllt. Abends dann werden die Anfragen beantwortet, alle Rückrufe getätigt und alles Notwendige für den kommenden Tag wird vorbereitet.

Fliegenfischen Wathosen Watschuhe anziehen

Wer so oft wie Arnold am Wasser steht, hat auch beim Anziehen der Watausrüstung die Nase vorn.

Andreas: Deine Arbeit ist von vielen äußeren Bedingungen abhängig. Regen und Gewitter, Schneeschmelze und Hochwasser. Letzthin aber auch niedere Pegelstände und hohe Wassertemperaturen. Gibt es immer ein passendes Ausweich-Revier, oder musst du ab und zu auch einen Tag absagen?

Arnold: Ja das stimmt, es kann immer mal passieren, dass ein Gewässer nicht befischbar ist. Weiß ich das im Voraus, bespreche ich dies mit meinen Kunden und biete ihnen eine Alternative an. Entweder weichen wir dann auf ein anderes Gewässer aus, beispielsweise einen Bergbach, sollte die Passer nicht befischbar sein. Oder wir verbringen den Tag mit einem Wurfkurs oder aber Fliegenbinden. Hier profitiere ich natürlich durch den Flycasting Instructor. Eine Absage kommt aber zum Glück relativ selten vor. In der vergangenen Saison musste ich beispielsweise nur 3 Tage absagen. Es gibt aber auch andere Gründe, ein Guiding abzubrechen. Denn schlussendlich bin ich als Anbieter ja letztverantwortlich. Wenn ich beispielsweise merke, dass es für den Gast körperlich problematisch wird. Ein anderer Grund könnte ein plötzlicher Wolkenbruch sein, der das Wasser steigen lässt. Wenn die Sicherheit nicht mehr gegeben ist, dann bespreche ich dies mit dem Gast und breche ab. Es ist aber auch schon vorgekommen, dass Eltern ihre Kinder angemeldet haben, die dann allerdings überhaupt keine Lust hatten. Auch dann macht es nicht sehr viel Sinn, denn es bringt den Kinder nichts.

Andreas: Wie? Du führst auch Kinder ans Wasser? Ist das nicht gefährlich?

Arnold: Ja, ich guide auch Jugendliche, diese sollten doch bereits ein gewisses Alter haben. In aller Regel sind diese jungen Gäste sehr aufmerksam, neugierig, wissbegierig und lernfähig. Zudem lassen sie sich Dinge viel eher zeigen, als viele Erwachsene (lacht) und setzen diese auch leichter um. Allerdings bestehe ich bei Kindern darauf, mit ihnen im Beisein eines Erziehungsberechtigten ganz klar zu definieren, dass alle Anweisungen am Wasser zu befolgen sind. Und das klappt dann in den allermeisten Fällen auch sehr gut. Dann ist es auch nicht gefährlicher als mit Erwachsenen. Natürlich fische ich mit Kindern nicht an den besonders exponierten oder herausfordernden Stellen. Auch muss man sich bei Kindern natürlich an ihren Möglichkeiten orientieren und öfters mal eine Pause einlegen.

Problematisch wird es eigentlich nur, wenn die Kinder für einen Tag „quasi“ abgegeben werden, damit die Eltern einen freien Tag haben. Auch das kommt vor. Wenn sich diese Jugendlichen partout nicht für das Fliegenfischen begeistern lassen und von Anfang an nur gelangweilt am Wasser stehen, dann breche ich lieber ab.

Fliegenfischen Guiding Fisch keschern

Auch das gehört zum Guiding: Arnold keschert den Fang für seinen Gast

Andreas: Wenn man einen Guide ans Wasser geht, ist bei manchen die Erwartungshaltung sehr groß, auch gleich einen schönen Fisch zu fangen. Lässt sich dieser Wunsch immer erfüllen?

Arnold: Ein Guide allein ist noch keine Fanggarantie. So ehrlich muss man sein und dies auch so an den Kunden kommunizieren. Allerdings helfen die Erfahrung und die Gewässerkenntnis des Guides ungemein. Denn für viele meiner Gäste ist es das erste Mal, dass sie an einem Gewässer wie der Passer oder einem Seitenbach angeln. Es hängt natürlich zu einem bestimmten Grad auch davon ab, wie weit der Fischer ist. Meist lassen sich jedoch gerade Fliegenfischer, die selbst schon länger fischen, nicht immer auf meine Ratschläge ein. Wenn ein Kunde darauf besteht, beispielsweise nur mit der Trockenen oder nur mit seinen eigenen Fliegen zu fischen, kann er das natürlich machen. Mehr als ihm die aus meiner Sicht in dieser Situation fängigsten Fliegen und Präsentation anzubieten, kann ich dann leider auch nicht machen. 

Bleibt es aber auch dann noch zäh, ist es die Aufgabe eines guten Guides, den Kunden weiterhin zu motivieren, ihn zu beraten, um das Beste aus jeder Situation herauszuholen, jedoch ohne in noch zusätzlich unter Druck zu setzen.

Andreas: Im Laufe der Jahre warst du mit sehr vielen Leuten am Wasser und könntest wahrscheinlich ein ganzes Buch mit Anekdoten füllen. Ganz spontan: deine bis dato schönste Erinnerung?

Arnold: Eine einzelne besondere Episode fällt mir auf Anhieb eigentlich gar nicht ein, denn ich erlebe viele schöne Momente mit meinen Gästen. Für mich ist es vor allem wichtig, dass die Gäste einen schönen Tag verbringen und das Gewässer mit einem Lächeln und persönlicher Genugtuung verlassen. Ich freue mich, wenn ich meinen Teil dazu beitragen kann und wenn sie sich auch nachträglich nochmals melden und sich für den Tag bedanken. Dabei merke ich sehr oft, dass es nicht unbedingt der große Fang ist, über den sich die Kunden am meisten freuen. Viel eher ist es das Erfolgsgefühl, beispielsweise über einen gelungenen Wurf in einer schwierigen Situation, der dann auch noch einen Fisch bringt, was bei den Leuten am Ende des Tages hängen bleibt. Und wenn ich ihnen dazu das eine oder andere zeigen und sie dies auch umsetzen konnten, freut mich das natürlich umso mehr.

Andreas: Du bist nicht nur Wurflehrer und Guide, sondern auch ein recht begnadeter Fliegenbinder. In den letzten Jahren bist du quasi Stammgast auf den ersten Plätzen bei der Deutschen Meisterschaft im Fliegenbinden. Letztes Jahr konntest du in gleich zwei Kategorien auf dem Podium landen. Was ist deiner Meinung nach am Wasser wichtiger: das perfekte Fliegen-Muster oder die passende Präsentation/Führung?

Arnold: Ja, das Fliegenbinden gehört für mich einfach dazu. Das hilft mir nicht nur, sehr spontan ein Alternativ-Programm für meine Gäste anzubieten, wenn die Gewässer tatsächlich unbefischbar sind. Auch bei meinen Bindekursen kommt mir die Leidenschaft fürs Fliegenbinden zugute. Natürlich unterscheiden sich die Fliegenmuster, die ich bei Bindewettbewerben einreiche, doch deutlich von den Fliegen, die ich am Wasser fische. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass beim klassischen Fliegenfischen mit der Trockenfliege oder der Nymphe die Präsentation das Wichtigste ist. Denn ohne eine gute Präsentation bekommst du eine natürliche und saubere Drift der Fliege nur sehr schwer hin. Wie das Fliegenmuster dann im Detail aussieht, ist eher zweitrangig. Klar, die Fliege soll in Form, Farbe und Größe stimmig sein. Aber sie braucht nicht superrealistisch gebunden zu werden. Gerade an alpinen Gewässern mit schneller Strömung haben die Fische vielfach keine Zeit, die Fliege genau zu inspizieren. Das mag an langsam fließenden Niederungsbächen oder an Seen anders sein. An der Passer und anderen schnell fließenden Bächen und Flüssen bringen auch vergleichsweise einfache und schlichte Muster den Fisch.

EFFA European Fly Fishing Association Deutsche Meisterschaft im Fliegenbinden

Geprüfter Fly Casting Instructor, zertifizierter Angelguide, seit Jahren "Stammgast" am Podest der Deutschen Meisterschaft im Fliegenbinden. Ein absoluter Profi eben.

Andreas: Verrätst du uns einige deiner Lieblingsmuster oder sind die geheim?

Arnold: (Lacht) Nein, geheime Muster wirst du in meinen Fliegenboxen keine finden, sondern in erster Linie ganz klassische Universal-Muster wie Pheasant Tail oder Hare’s Ear bei den Nymphen sowie gut schwimmende Sedges oder einfache Palmer bei den Trockenfliegen. Was dann im jeweiligen Fall ans Ende der Vorfachspitze kommt, hängt von der Saison und der aktuellen Situation am Gewässer ab. Solche Fliegen sind in aller Regel schnell zu binden und eine verlorene Fliege ist kein Beinbruch. In letzter Zeit verabschiede ich mich auch immer mehr von auffälligen Mustern und Reizfarben und komme wieder zu sehr natürlichen und gedeckten Mustern zurück. Ich sehe einfach, dass diese in vielen verschiedenen Situationen sehr fängig sind.

Andreas: Wenn du privat zum Fliegenfischen unterwegs bist, fischst du dann am liebsten mit der Trockenen, der Nymphe oder dem Streamer?

Arnold: Wenn Gewässer und Fische mitspielen dann ganz klar mit der Trockenfliege. Ich denke, da geht es mir so, wie den allermeisten Fliegenfischern. Das Angeln mit der Trockenfliege ist einfach der Inbegriff des Fliegenfischens. Da werden bereits das Werfen und Präsentieren zum Erlebnis. Wenn dann die Fische auch noch steigen, gibt es nichts Schöneres.

Fliegenfischer Brücke Gespräch

Mindestens genauso viel gequatscht wie gefischt - und beides war äußerst interessant und lehrreich.

Andreas: Bevor wir nun endlich dazu kommen, ein paar Würfe zu machen, hätte ich abschließend noch gerne gewusst, wie du die Zukunft des Fliegenfischens einschätzt?

Arnold: Ich sehe, dass das Interesse am Fliegenfischen von Jahr zu Jahr zunimmt. Es ist also sicherlich mehr als ein kurzfristiger Trend oder eine schnelllebige Mode. Vor allem jüngere Angler interessieren sich für das Fischen mit der Fliege und steigen direkt ein. Allerdings finde ich es schade, dass viele mit dem Czech oder Euro-Nymphing beginnen, bei dem das Werfen meiner Meinung nach zu kurz kommt.

Problematisch sehe ich die momentanen Bestrebungen auch in der Fischerei alles bis ins Detail gesetzlich regeln zu wollen. Ob ein Nullbesatz, wie derzeit auf staatlicher Ebene beschlossen, in der Realität immer der richtige Ansatz ist, bezweifle ich. Gerade wenn Interessierte mit dem Angeln beginnen, dann braucht es einen gewissen Fangerfolg.

Ich würde mir auch wünschen, dass der eingeschlagene Weg in der Bewirtschaftung zu einer spürbaren Erholung der Marmorata-Bestände beiträgt. Momentan kann ich dies aber leider nicht feststellen.

Andreas: Vielen Dank Arnold, dass du diese Fragestunde so geduldig über dich ergehen hast lassen.

Arnold: Kein Problem, gerne! Komm lass uns ein paar Würfe machen und schauen, ob wir einen Fisch fangen können.

Arnold Gufler Fly Fishing Instruktor Fly Fishing Guide

Danke Arnold! Die Verabredung zum gemeinsamen Angeln steht. Dann aber tatsächlich nur zum Fischen, ohne Kamera und Notizblock.


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Andreas Riedl
Andreas Riedl
Fliegenfischer & Fliegenbinder
Job: Product Manager
Hobbies: Rennrad, Balkon-Gärtnern
Im zarten Alter von 11 mit dem Angeln in Berührung gekommen, seit gut 20 Jahren vor allem mit der Fliege unterwegs. Als fischereilicher Autodidakt allem Neuen grundsätzlich aufgeschlossen, fischt er mit künstlichen Fliegen auch an der Hegene oder entsprechend beschwert mit der Spinnrute. Schätzt sich glücklich, mit gleich zwei zeitintensiven Hobbies eine derart verständnisvolle Familie zu haben.
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